Prof. Dr. Dieter Mersch
Spiele, als kulturelle Praktiken, zeigen sich in einer unerschöpflichen Vielfalt quer durch alle Kulturen. Ihrer Erfindung sind kaum Grenzen gesetzt: manchmal spontan und variantenreich wie das Kinderspiel, manchmal in Gestalt komplexer Aufführungen wie das Theaterspiel, manchmal raumgreifend wie bei großen Turnieren oder Sportveranstaltungen, manchmal bestimmt durch rituelle Zyklen und Zeitskandierungen, die das ganze soziale Leben betreffen, zuweilen aufwändig und zeitraubend in ihren Vorbereitungen, die über Monate andauern können, oder aber auch monoton durch endlose Schleifen von Wiederholungen hindurch, wenn wir beispielsweise nicht aufhören können, einen hin und her geworfenen Ball aufzufangen oder immer wieder denselben Reim aufzusagen. Es gibt nicht ‚das‘ Spiel als generellen Begriff, sowenig wie eine allgemeine Theorie des Spiels, bestenfalls eine Fülle von Möglichkeiten, die eine Phänomenologie von Praktiken darbieten, sodass allein von einem uferlosen Pluralismus ausgegangen werden kann, von einer Familie unübersehbarer Verwandtschaften. Sie bezeugt, dass alle kulturelle Praxis das Produkt einer nicht enden wollenden menschlichen Kreativität darstellt. Das gilt, neben Spielen, auch für andere für basale Kulturpraktiken und ihrer Entfaltung und Tradierung über große geschichtliche Zeitspannen und geographische Räume hinweg, so für Kunst und Musik sowie für soziale Formationen und ihre normativen Strukturen wie ebenfalls für religiöse und politische Systeme: 1 Sie unterliegen einem unaufhörlichen Prozess der Plastizität, die uns, bei näherem Hinsehen, immer wieder neu überraschen, wie sie uns umgekehrt resignieren lassen, je zu einem Ende ihrer Aufzählbarkeit zu kommen. Dass dabei vorzugsweise Spiel und Kunst zusammengehören und eine besondere Nähe bilden, liegt auf der Hand – wir werden im Folgenden einige Gründe für diesen Zusammenhang nennen, aber auch einige Gründe für ihre Differenz.
Den vollständigen Vortrag vom 2. April 2022 finden Sie hier: 220402_Vortrag_Tetralogie_Spieltheorie
Die Einladung finden Sie hier: 220316_Einladung-Tetralogie_Spieltheorie